Kirchengeschichte

 
Die ehemalige Wallfahrtskirche in St. Heinrich
 

Die Kirche von St. Heinrich ist an der Stelle einer Einsiedler-Zelle entstanden, die im 12. oder 13. Jahrhundert der selige Heinrich bewohnte, ein frommer Mann, der hier bestattet wurde und dem Ort den Namen gab. Einige (z.B. Franz Sales Gailer) vermuteten in dem Eremiten einen Grafen des Hauses Andechs. Wohl als Ersatz für eine ältere Holzkapelle wurde zu Anfang des 14. Jahrhunderts eine steinerne Kirche erbaut, deren Weihe im Jahre 1324 stattgefunden hat. Vielleicht rührt der Chor der heutigen Kirche noch von dieser Zeit her. Arn 12. 5. 1480 stiftete Herzog Albrecht IV. der Kirche eine tägliche Messe, die durch Augustiner-Chorherren von Beuerberg zu lesen war. (Hieran erinnert das barocke Gemälde an der linken Wand des Chorraumes). Diese Stiftung stand in Zusammenhang mit einer damals aufblühenden Wallfahrt zur schmerzhaften Muttergottes. Das anscheinend mehrfach überarbeitete Gnadenbild aus dem 15. Jahrhundert, eine Figur der Maria mit dem toten Christus auf dem Schoß (Vesperbild), ist noch heute auf dem Hochaltar zu sehen. Die Chorherren übernahmen letztlich alle seelsorglichen Aufgaben und sorgten auch für die Instandhaltung und zeitgemäße Erneuerung des Gotteshauses. Propst Eberhard Mayer ließ 1626 das Langhaus erweitern und eine steinerne Tumba für das Grab des seligen Heinrich anfertigen. (Die Deckplatte steht heute unter der Orgelempore an der Wand.) Abbildung S. 9: Sankt Heinrich: Blick in den Chorraum der Kirche.

Wahrscheinlich wurde bei dieser Gelegenheit das vormals spätgotische Rippengewölbe des Chores in eine Stichkappentonne umgewandelt, im Langhaus eine flache Stichkappentonne neu eingezogen und der ganze Raum durch eine toskanische Pilasterordnung mit Doppelpilastern neu gegliedert. Dabei ist das Gebälk auf die Kämpferblöcke beschränkt, um dazwischen hohe Fenster zuzulassen. Außerdem kann von einem dezenten Rahmenstuck in den Gewölben ausgegangen werden. Die drei Altäre wurden gegen Ende des 17. Jahrhunderts erneuert, wobei von diesen originalen Altären nur der Hochaltar erhalten ist. 1773 wurde eine neue Sakristei mit einem darüber liegenden Oratorium angebaut. Danach (d.h. um 1780) wurde der Chor­raum in zarten, späten Rocailleformen neu stuckiert. Urheber dieses niveauvollen Stucks dürfte der Wessobrunner Franz Edmund Doli gewesen sein. Die Stuckornamente umschließen ein größeres Feld in der Mitte, daß erst viel später mit neubarocken Ergänzungen gefüllt wurde, eigentlich aber sicher für eine Fresko bestimmt war.

Anlaß für diese und andere Änderungen zu Beginn des 20. Jahrhunderts war ein Brand im Sommer 1902, der durch Blitzschlag entstanden war. Das ganze Langhausgewölbe und der Turm mussten nach diesem Brand rekonstruiert werden, während der Chorraum nur geringfügige Schäden davongetragen hatte. Als Architekt wurde Michael Kurz aus Augsburg-Göggingen engagiert. Bei der 1903-05 ausgeführten Erneuerung erlaubte er sich kleine Abweichungen vom Vorzustand, die etwa die Form der nunmehr abgerundeten Stichkappen betrafen. Der sparsame, neu angebrachte Stuck im Langhaus ist ein Werk Josef Schulers, der sich wenig später vergeblich um den Auftrag zur Ausschmückung der Seeshaupter Kirche bemühte. Für die Verzierungen am Triumphbogen und an der Empore wurde eine weitere Stukkatorenwerkstatt herangezogen, nämlich diejenige von Josef Brandl. Als Ersatz für die verkohlten Seitenaltäre wurden zwei Altäre aus der Franziskanerkirche in Mühldorf am Inn angekauft.

Die Altäre selbst mitsamt den dazugehörigen Statuen sind Schöpfungen des ausgehenden 17. Jahrhunderts. Jünger sind die Altarblätter und Auszugsbilder, die Franz Xaver Glink um 1850 im Nazarenerstil gemalt hat. Anders als die alten Seitenaltäre hatte der Hochaltar den Brand überstanden. Die aus dem Anfang des 18. Jahrhunderts stammende Kanzel wurde 1904 aus der Pfarrkirche in Giebing erworben, die seinerzeit im Stil der Neuromanik neu gestaltet wurde. Die elegant stuckierte Orgelempore und das darauf stehende Instrument wurden neu geschaffen. Letzteres lieferte mitsamt dem Prospekt Willibald Siemann aus München.